Weihnachten – Freude auf Knopfdruck?

Weihnachten – Freude auf Knopfdruck?

Jährlich, langsam, wenn der September gekommen ist und hier und da noch ein Altweibersommertag vorbeischaut, da sind sie auf einmal wieder da, die Spekulatiuskekse, die Lebkuchenherzen, die Dominosteine, die Marzipanstollen und die Marzipankugeln. Ein wenig von dem, was wir mit der Weihnachtszeit verbinden, lächelt uns im Supermarktregal an und damit kommt ganz schleichend die Weihnachtszeit herbei. Irgendwann passen auch die Temperaturen Ende November zu den romantischen Vorstellungen von Schnee zu Weihnachten. Ein Adventskranz wird gekauft und spätestens zum 1. Advent hat auch der Großteil der Nachbarschaft mehr oder weniger kitschige Lichterketten aus dem Keller hervorgeholt und an die Fenster gehängt. Dann beginnt die Adventskalendersaison und nach der ersten Woche Dezember am Nikolaus ist man am Realisieren, dass die Tage bis Weihnachten zu einem Viertel schon rum sind und die Tage im Dezember auch nicht langsamer vergehen als die restlichen Monate des Jahres.

Als ich Teenager war, hatte ich in Hinblick auf die Weihnachtszeit, oder dann bereits in Hinblick auf den Heiligen Abend, ein gemischtes Gefühl. Alles um mich herum vermittelt mir, dass es ja dazu gehört, sich im Dezember und dann erst Recht am 24.12. zu freuen und glücklich zu sein. In vielen Weihnachtsfilmen machen Familien ein riesen Drama um das eine perfekte Fest des Jahres. Werbefilme und -plakate zeigen Menschen, die sich in Armen halten, lächeln und glücklich scheinen. Diese jährliche Konfrontation mit all dem Weihnachtsmarketing kam mir als Jugendliche irgendwie unecht und aufgesetzt vor. So plötzlich. In die eigenen Lebensumstände, die vielleicht im Dezember mal so, mal so, aber garantiert nicht auf Programm pünktlich zum 1. Advent den Modus „happy“ beschreiben. Dazu kommt dann, dass auch die christlichen Weihnachtslieder wie „Freue dich Welt“ einen Imperativ zum Freuen benutzen. Wenn diese Lieder dann gesungen und gehört werden, bekommt man schnell das Gefühl, dass es um die Botschaft geht, sich im Dezember zu freuen und man die Erinnerung nötig hat; nach dem Motto, man könne sich doch mal wieder freuen – so einen Monat im Jahr. Das Leben ist vielschichtig, Monat für Monat kann es auf und ab gehen und man sollte sich gesunderweise im gesamten Jahr verteilt hin und wieder doch immer wieder freuen können. Da braucht man doch keine Erinnerung für? Und kann ich nicht selbst für mich entscheiden, wann ich mich freuen möchte und wann nicht? Jetzt zur Weihnachtszeit muss ich auf einmal ein „happy face“ aufsetzen, oder was?

Mit dieser Unzufriedenheit möchte ich mich nicht zufriedengeben und daher weiterdenken.

An sich habe ich absolut gar nichts über ein schönes (Familien)fest mit leckerem Essen. Und ach ja, da waren ja noch die Geschenke. Ist ja ne schöne Sache. Aber muss ich mich darauf einen Monat lang freuen und geben mir Spekulatius, Lebkuchen, Plätzchen und Co einen Intus an Freude, der am besten noch das ganze Jahr über bis zum nächsten Dezember hält?

Ich möchte da weiter gehen und schaue einfach mal in den Ursprung vom Lied „Freue dich Welt“. Der Ausdruck des Titels lässt sich in etwas anderer Form im Zefanjabuch der Bibel wiederfinden, wo steht:

Jauchze, du Tochter Zion! Frohlocke, Israel! Freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem!
– Kapitel 3, Vers 17

Aber wer ist diese Tochter Zion? Was hat das mit Israel und Jerusalem zu tun?

In diesem Teil der Bibel erinnert der Prophet Zefanja, nach dem das Buch benannt ist, sein Volk daran, dass Gott auf ihr Tun eines Tages am sogenannten Tag des Herrn reagieren wird. Neben unangenehmen Reaktionen Gottes auf das Tun vom Volk Israel sagt Zefanja auch Grund zur Freude voraus und die Reaktion Gottes, das Volk zu retten und ihm zu helfen. Das ist ein Grund zur Freude und daher die Aufforderung dazu.

Zion ist ein anderes Wort für Jerusalem in der Bibel.

Auch in einem anderen Buch der Bibel findet sich ein Vers, der fast genauso klingt.

Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR.

Das steht im Sacharjabuch (2,14). Auch Sacharja war ein Prophet, der dem Volk Israel und vor allem Jerusalem Hoffnung verkündet. Diese Hoffnung wird sogar noch weiter konkretisiert in dem Text:

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.
– Kapitel 9 Vers 9 im selben Buch

Wenn man ein paar Bücher weiter in der Bibel schaut, stößt man auf die Geschichte, wo Jesus auf einem jungen Esel in Jerusalem in die Stadt reitet. Zufall?

Im Gesamtblick der Bibel ist das die Haupterfüllung der Worte der Propheten, von denen ich oben geschrieben habe. Heißt: Jesus als Mensch und Bürger vom damaligen Israel, ist die versprochene Rettung.

Wenn man Jesu Leben und sein Handeln anschaut, erfährt man schnell, worin diese Rettung liegt. Was er für eine Hoffnung mit sich bringt und wie genau diese Rettung aussieht.

Jesus ist da, wenn wir einsam sind, weil er den Einsamen und Verstoßenen nahe ist (Jesus und Zachäus, Lukas 19,1-10).

Jesus gibt uns Hoffnung, wenn wir kein Ein und Aus mehr sehen:

Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen.
– Matthäus 11,28

In Jesus versteht uns Gott besser als jeder anderer Mensch es könnte, weil er selbst einer von uns war:

Denn wir haben nicht einen Hohen Priester, der nicht mit uns zu leiden vermöchte in unserer Schwachheit, sondern einen, der in allem auf gleiche Weise versucht worden ist, aber ohne Sünde.
– Hebräer 4,15

Jesus nimmt uns ohne Gegenleistung an:

Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er den einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.
– Johannes 3,16
Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich werde dem Dürstenden von der Quelle des Lebenswassers zu trinken geben, umsonst.
– Offenbarung 21,6

Jesus gibt uns die Perspektive auf eine Welt, die viel besser als die Jetzige ist. Eine Welt ohne Sorgen und Ängste.

Und abwischen wird er jede Träne von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid, kein Geschrei und keine Mühsal wird mehr sein; denn was zuerst war, ist vergangen.
Offenbarung 21,4

Das sind Angebote, die das ganze Jahr über gelten. Weil ich das weiß und meine Hoffnung auch von Januar bis November keine andere ist als die auf Jesus, ist die Aufforderung zur Weihnachtszeit nichts Neues. Sie gilt über den Dezember hinaus.
Es ist schön, ein nettes Fest zu haben, doch viel schöner ist es, dieses Geheimnis zu verstehen.

Aber was ist jetzt mit dieser Freude, die vielleicht so aufgezwungen rüberkommt?

Ich bin inzwischen davon überzeugt, die Weihnachtszeit so ehrlich und authentisch wie möglich zu leben. Wenn es in meinem Leben gerade nicht einfach ist und ich viele Probleme und Herausforderungen habe, dann setze ich mich nicht mit einem gezwungenen Lächeln vor einem netten Weihnachtsfilm, sondern gebe meinen Gefühlen Raum und vielleicht auch der Trauer, die vielleicht da ist. Das ist für mich viel wichtiger, als mit dudelnder Weihnachtsmusik das Haus zu schmücken. Und mich dann daran zu erinnern, dass ich in meinen Gefühlen nicht allein bin, sondern verstanden werde von Jesus, dann an Maria und Josef denke, die Jesus in Kälte in einem kleinen judäischen Dorf zur Welt brachten. Und den Stress, der mit dieser Story verbunden war für die Eltern von Jesus. Da fühle ich mich dann ganz nah mit verbunden.

Am Ende bin ich doch bei der Weihnachtsgeschichte gelandet.
Ist das weihnachtlich? Gemütlich?

Wenn ich wieder Weihnachtslieder höre wie „Freue dich Welt“, dann denke ich an die Hoffnung, die über das ganze Jahr da ist, dass ich nicht allein bin und Jesus mir nahe ist. Immer. Darüber freue ich mich schon irgendwie, aber eben vielleicht etwas tiefer und dauerhaft und nicht mal eben für 24 Tage. Und vielleicht ist auch das genau damit in den oben genannten Stellen aus der Bibel gemeint. Ein Weihnachtsmarketing gab es zu der Zeit meines Wissens auf jeden Fall nicht.

Ich mag die Weihnachtszeit. Wenn es mir gerade gut geht, dann singe ich laut mit den fröhlichen Liedern von Weihnachten mit. Und wenn es mir so gar nicht danach ist, dann denke ich an die Umstände der Geburt von Jesus nach und fühle mich in ehrlichen Liedern wie „Wie soll ich dich empfangen“ gut aufgehoben und kann dabei Fragen und Zweifel zulassen. Und auch wenn ich vielleicht äußerlich nicht so freudig bin, im Herzen hab ich begriffen, dass ich mich auf lange Sicht über eine Aussicht und Perspektive meines Lebens freuen kann, die den Namen Jesus tragen und mit seinen Taten und seinem Wesen zu erklären sind.

Daher feiere ich einfach Lieder, die die Melancholie und ehrliches Gefühlschaos wie Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit thematisieren. Ich denke, wir brauchen das alle in dieser anstrengenden Zeit.

Ein Beispiel dazu:

Hi, mein Name ist Jesus
Ich seh', dass du grade viel Stress hast und geh'n musst
Denn bald ist mein Geburtstag und du suchst Geschenke
Ich wollt' nur sagen, dass ich an dich denke

Und ja, das ganze Land feiert 'ne Party für mich
Doch wenn ich anklopf', wer will mich haben bei sich?
Und es kommt vor, dass auch ich mal an Weihnachten wein'
Denn ich weiß wie es ist, ganz alleine zu sein

Ja, und ganz egal, wie du grad fühlst, ich fühl' es mit
Ich bin bei dir, also fürchte dich nicht

Ich weiß, wer du bist und war, wo du warst
Ich kenn' deine Nacht und fühl', was du sagst
Ich habe dieses Leben selbst gespürt
Ich werde mit dir gehen, also fürchte dich nicht

Ja, ich weiß es klingt crazy
Welcher Gott wird ein Baby?
Ich wollt' nur, dass du weißt
Dass ich weiß, was es heißt

In einer Welt voller Raum und Zeit zu sein
Mit dir Schönes und auch das Leid zu teil'n
Ich möchte deine Wunden heil'n
Komm, lass mich in dein Dunkel rein

Fürchte dich nicht von den O’Bros