Zuerst geliebt

Zuerst geliebt

Es war eine gewöhnliche Woche, ich hatte nachtdienstfrei und wusste, dass ich mich am Donnerstag mit meinem Freund treffen würde. Wir sehen uns mindestens einmal die Woche, wovon ein festes Treffen ganz fest zu einer Alltagswoche bei uns gehört. So auch diese Woche. Was mich in den letzten Wochen immer mal wieder begleitet hat in meinen Gedanken, war es, einen Antrag zu bekommen. Mit Anfang Juni ging es in Richtung Sommer und ich wusste ganz fest, das irgendwann in diesem Sommer ein Heiratsantrag kommen WIRD. Wir hatten oft darüber geredet, in 2020 zu heiraten und ein Jahr bis ein dreiviertel Jahr für die Verlobungszeit uns Zeit zu nehmen. Aber wann genau – Juni, Juli, August, September… Ich hab mir irgendwie was Besonderes für den Antrag vorgestellt. Vielleicht ein Ausflug und nebenbei dann der Antrag… So ganz überraschend halt und bin im Kopf alle möglichen Ausflugsziele und unsere Pläne für den Sommer durchgegangen. Viele unserer Unternehmungen sind spontan, weshalb ich letztendlich keine Ahnung hatte und es auf mich zukommen lassen musste. Wie es doch auch gut ist, oder?

Dann, ein gewöhnlicher Montag: mein Freund und ich haben uns getroffen, um mit Menschen auf der Straße über Jesus zu reden und für sie zu beten. Als wir uns verabschiedeten, kam unser geplantes Treffen am Donnerstag zur Sprache. Beiläufig fragte ich, was wir denn machen wollen, worauf er antwortete: „Mach dir da keine Gedanken drum“ oder so ähnlich, in einem etwas anderen Wortlaut. Er wirkte anders. Er wirkte bestimmt. Er wirkte so, als ob er ganz genau weiß, was er am Donnerstag machen will: Mich fragen, ob ich ihn heiraten möchte.

Ich wusste es von dem Zeitpunkt. Tief in mir drinnen, und im Nachhinein denke ich, dass es Gottes liebevolle Stimme war, die mir das sagte, dass es am Donnerstag soweit sein würde, wusste ich, dass es wirklich so sein wird: Der große Tag des Antrages kommt. Ich sträubte mich innerlich gegen den Gedanken, dass ich es fest wusste. Sollte es nicht eine Überraschung sein? Ist es nicht ein Unding, darauf vorbereitet zu sein?

Nach ein, zwei Tagen nahm ich den Gedanken tatsächlich an und brachte es ehrlich vor Gott. „Herr, er wird mir einen Antrag machen und ich weiß es irgendwie!“ Es war dieser innerer Instinkt, vielleicht auch das intime Kennen meines Freundes, dass es auf einen Antrag hinauslaufen wird.

Ich konnte mich die Tage vor der Verlobung auf eine besondere Weise auf die Tiefe dieses Versprechens einlassen. Ich betete viel über die Beziehung, fragte Gott, wie so oft in unserer Beziehung, nach Bestätigung und sein JA zur gemeinsamen Zukunft mit ihm. Ängste und Zweifel kamen hoch, die Gedanken, alles hinzuschmeißen und Angst vor Versagen. Zum Glück blieb ich nicht darin stehen, sondern konnte Gottes Perspektive auf alles sehen; seine Freude und sein JA erkennen. Ich wurde innerlich sicherer und was blieb – war riesengroße Aufregung in positiver Weise. Tag und Nacht konnte ich an nichts anderes denken, und das Herausfordernde war, dass ich mit ihm über keiner diese Gefühle reden konnte zu dem Zeitpunkt! Ich ahnte nicht, in welcher großen Weise auch er aufgeregt war zu diesem Zeitpunkt und mir genauso gern von seiner Aufregung und seinen Gefühlen Auskunft geben wollte...

Also musste ich meinen Alltag ganz normal weiterleben, während ich immer noch nicht darauf klar kam, dass ich am Donnerstag verlobt sein werde.

Der große Tag kam – vor unserem Treffen hatte ich noch eine Dienstbesprechung- und bei allem fühlte ich mich, als ob ich alles mit einer rosaroten Brille sehen würde. Auf der Autofahrt von der Besprechung nach Hause war mein Adrenalinpegel maximal voll. Ich hätte mich mega aufregen können, dass die Dienstbesprechung länger ging als geplant und ich dadurch später zu ihm kam – aber spätestens ab diesem Punkt, wenn nicht auch schon vorher- entschied ich mich, Gott machen zu lassen. Mich fallen zu lassen. Alles, wie es kommt, auf mich zukommen zu lassen. Ich hatte nicht die 100%ige Sicherheit, dass das mit dem Antrag stimmt. Ich wollte nicht enttäuscht werden, wenn es nicht stimmt. Ich wusste irgendwie, dass es stimmt, aber vielleicht auch, um mich nicht zu sehr in meine Aufregung reinzusteigern. Ich versuchte auch, etwas Abstand innerlich davon zu nehmen und mir zu sagen, „Vielleicht ist es nur ein ganz normales Treffen. Vielleicht hat er einfach so eine Überraschung für mich vorbereitet.“ Als ich entscheiden musste, was ich für unser „ganz normales“ Treffen anziehen sollte, versuchte ich, etwas nicht zu Schickes, aber eben doch nicht mein ältestes T-Shirt anzuziehen. Ich wollte meine Ahnung meinem zukünftigen Ehemann doch nicht preisgeben und damit ihn vielleicht enttäuschen und ihn so gerne seine Überraschungen und Ideen für den Antrag durchziehen lassen. Das fiel mir nicht leicht, aber ehrlich gesagt war ich ab dem Zeitpunkt, bei dem ich bei ihm klingelte, in einer völlig anderen Welt. In einer Welt voller Aufregung und Liebesträume. Und wie oben schon erzählt, versuchte ich mich aus Schutz, nicht in meiner Aufregung zu versinken oder mir sie anmerken zu lassen, das Ganze äußerst kognitiv anzugehen. Indem ich bis zu dem ersten sicheren Hinweisen unseres Treffens auf den Antrag mir sagte, es ist nur ein Treffen und mir machen uns eine schöne Zeit. Tief innen wusste ich aber genau, dass es mehr war.

Ich spielte beim Treffen bei den liebevollen Überraschungen meines Freundes mit wie ein Kind, das auf Entdeckungsreise geht und nichts ahnt. Und das war gut so. Ich konnte mich voll auf das einlassen, was er sich so wunderbar ausgedacht hat. Konnte alles hinnehmen und war an dem Tag gefühlt der dankbarste Mensch der Welt. Ich war offen für seine Liebe und für Gottes genialen Plan für den Tag. Ich durfte Gottes Zusage erneut in dem Moment, als er auf die Knie gegangen ist, erleben: Ein großer Sonnenstrahl brach durch die dicke Wolkendecke, die den ganzen Tag am Himmel lag. Ich sah Jesus persönlich an dem Ort, an dem ich JA zu diesem Vorversprechen sagte, sitzen. Mein Verlobter und ich beteten an diesem heiligen Ort und Tränen über Tränen überrollten mein Gesicht, vor Dankbarkeit. Es war das größte Geschenk, mit Jesus diesen Moment teilen zu können und alles mit ihm teilen zu können. Ohne ihn wäre mein Verlobter nicht. Ohne SEINE Liebe zu uns könnten wir nicht lieben. Ohne SEINE Liebe wäre ein Verlobungsversprechen sinnlos und leer. Weil ER uns zuerst geliebt hat, dürfen wir Liebe erleben. Die Liebe meines Verlobten, die mich völlig umhaute an diesem Tag, ist ein Teil von GOTTES Liebe zu mir.

Gott hat mich vorbereitet auf den Tag – ein Stück weit auf unsere Zukunft und ich bin gewiss, er wird es immer und immer wieder neu tun.