Das Geschenk der Gegenwart

Das Geschenk der Gegenwart

Gott will dich – heute! Was gestern passiert ist, kannst du nicht ändern. Was morgen sein wird, kannst du nicht wissen. Aber wenn du willst, kannst du heute Gott begegnen!

Es gibt Zeiten, da lebe ich in der Vergangenheit. In dem, was früher war, was früher mal passiert ist. Die Vergangenheit ist mehr als nur das, was mal geschehen ist – sie ist das, worauf ich mich angesichts einer ungewissen und manchmal Angst einflößenden Zukunft festhalten kann. Nein, es war nicht nur alles gut! Aber im Rückblick scheint es mir so vertraut, so heimisch. Es ist das, was ich kenne. Und das will ich eigentlich nicht verlieren.

Und die Vergangenheit ist das, was mir hilft, zu verstehen, wo ich heute stehe und wohin ich morgen gehe. Dann versuche ich, die Vergangenheit bis ins letzte Detail zu analysieren und zu verstehen, um ja nichts auszulassen, was ich von ihr lernen kann. Jede Begegnung im Kopf nochmal durchzuspielen und mich dabei zu fragen, was ich hätte anders machen können. Jede Entscheidung nochmal hinterfragen, ob es wirklich die beste Wahl war.

Dann gibt es wieder Zeiten, wo ich versuche, in der Zukunft zu leben. Mich ganz in dem versenke, was mich morgen, nächste Woche, nächstes Jahr erwartet. Mache mir große Pläne, ersinne Träume und Visionen und lasse mich gehen in den Hoffnungen auf das, was einmal werden könnte. Da bleibt keine Möglichkeit undurchdacht, keine Eventualität unberücksichtigt. Dann weiß ich genau, wo ich in einem, in fünf oder in zehn Jahren sein will. Dann weiß ich, wo es langgeht und lasse mich von nichts und niemandem aufhalten.

Was mir bei dem allen entgeht, ist die Gegenwart. Es verbirgt sich ein großes Geheimnis hinter der einfachen Tatsache, dass man den Ort, an dem man Gott begegnet, seine Gegenwart nennt. Denn so viel ich die Vergangenheit auch analysiere, so viel ich die Zukunft auch durchplane, mache ich doch meine Analysen und meine Pläne ohne Gott. Und würde ich mit Gott anfangen, dann müsste ich da anfangen, wo ich jetzt bin. Nicht da, wo ich gestern war und ebensowenig da, wo ich morgen sein könnte. Dann muss ich die schönen und bitteren Erlebnisse der Vergangenheit loslassen und meine Träume und Hoffnungen aufgeben – um einfach nur da zu sein. Nicht, dass Gott sich nicht für diese Sachen interessiert. Aber noch viel mehr interessiert er sich für die Gegenwart.

Denn wenn ich einfach für ihn und vor ihm da bin – wenn ich einfach gegenwärtig bin – fängt Gott an, zu mir zu sprechen. Dann fragt er mich, wie mein Herz heute aussieht. Ob ich ihn heute liebe. Ob ich ihm heute treu bin. Dann will er wissen, was mich heute bewegt, was mir heute auf dem Herzen liegt. Wovor ich heute Angst habe und worüber ich mich heute freue.

Und von allem, was sich Gott für mich wünscht, ist es das Dasein, das Gegenwärtigsein, das mir am schwersten fällt. Weil ich so leicht abdrifte in den endlosen Strudel der Gedanken, die um das Gestern und um das Morgen kreisen. Weil es so viel einfacher ist, an dem festzuhalten, was nicht mehr ist oder was noch nicht ist, als an dem, was gerade jetzt ist. Deshalb bedarf kaum eine geistliche Disziplin so viel Übung wie das Dasein in Stille vor Gott. Und so schwer es mir manchmal fällt, gibt es doch nichts, das meiner Seele so gut tut, wie vor Gott still zu werden und da zu sein.

Und dann schenkt Gott mir die Vergangenheit.

Das Geschenk der Vergangenheit

Die Vergangenheit, die Gott mir schenken will ist viel mehr als ein Zurückdenken an vergangene Ereignisse. Es ist viel mehr ein ver-gegenwärtigen.

Ich will gedenken der Werke des HERRN, will gedenken deiner früheren Wunder.
Psalm 77:12
Deinem Sohn aber sollst du es an jenem Tag erklären: Um dessen willen, was der HERR für mich getan hat, als ich auszog aus Ägypten.
2. Mose 13:8

Wenn ich mich an Gottes mächtigen Werke und seine Wunder erinnere, geht es nicht um ein Nachdenken über etwas, das in der Vergangenheit liegt. Nein, im Erinnern durchlebe ich selbst, was bereits geschehen ist.

Schon der Talmud, der jüdischen Auslegung der 5 Bücher Mose, fordert dazu auf, das Passahfest, die Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, so zu feiern, als sei man selbst aus der Sklaverei in Ägypten befreit worden (Talmud, Mishnah Pesachim 10:5). Mag das Ereignis selbst dreitausend Jahre zurückliegen – für mich geschieht es heute.

Nicht weniger als dieses Vergegenwärtigen meint Jesus, als er im ersten Abendmahl sagt: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Im Abendmahl stirbt Jesus heute für mich. Im Abendmahl werde ich heute mit Gott versöhnt.

Gott sagt ja: »Als es Zeit war, dir meine Gnade zu erweisen, habe ich dich erhört; als der Tag der Rettung kam, habe ich dir geholfen.« Seht doch: Jetzt ist die Zeit der Gnade! Begreift doch: Heute ist der Tag der Rettung!
2. Korinther 6:2

So kann ich mich der Vergangenheit nicht entziehen, indem ich in der Gegenwart lebe. Je mehr ich in der Gegenwart lebe, desto gegenwärtiger ist auch die Vergangenheit. In der Gegenwart wird sie nicht weniger real, sondern ganz im Gegenteil: Sie ist wird greifbar, hörbar, spürbar.

Und diese gegenwärtige Vergangenheit muss kein Fluch sein. Ja, jeder einzelne meiner Fehltritte, jedes dumme und unnütze Wort, jeder scheußliche Gedanke sind mir heute gegenwärtig. Und ich hätte allen Grund, daran zu verzweifeln – wenn nicht die Liebe Gottes umso mehr gegenwärtig wäre! Der Gott, der heute sein Leben für mich gibt, sein Leben eintauscht für das meine, um mich von den Ketten der Vergangenheit zu befreien. Wie kann ich da noch verzweifeln, wenn doch der Allmächtige selbst sich heute in Liebe für mich hingibt?

Und nicht nur die Vergangenheit wird so zu einem Geschenk Gottes, auch die Zukunft will er mir so schenken!

Das Geschenk der Zukunft

So, wie sich durch Gott die Vergangenheit im heute vergegenwärtigt, so ist auch die Zukunft im Verborgenen schon anwesend. So, wie in einem kleinen, unscheinbaren Ahornblatt schon die ganze Zukunft des Ahornbaumes gegenwärtig ist, so ist die Zukunft, die Gott verspricht, in seiner Gegenwart jetzt schon anwesend.

Aber die Stunde kommt, und sie ist jetzt da, in der die wahren Beter in Geist und Wahrheit zum Vater beten werde.
Johannes 4:23
Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er sagt: Schreib, denn diese Worte sind zuverlässig und wahr. Und er sagte zu mir: Es ist geschehen.
Offenbarung 21:5+6

Diese gegenwärtige Zukunft ist eine Hoffnung, wo jede menschliche Hoffnung versagt. In Jesus sind Tod und Dunkelheit jetzt schon vollends überwunden, auch wenn der Sieg manchmal noch verborgen und auf geheimnisvolle Weise verdeckt ist. Jesus ist der siegreiche und überwindende König, auch wenn es sich in dem, was ich als Gegenwart wahrnehme, nicht danach aussieht. Ich darf heute schon in der Zukunft leben, ohne dabei die Gegenwart zu verleugnen.

Dabei ist das In-der-Zukunft-leben auch keine Flucht aus der Realität. Es heißt nicht, die Augen zu verschließen vor dem, was vor Augen ist. Es ist im Gegenteil die Einsicht, dass die Realität tiefer ist, als das, was ich jetzt wahrnehme. Dass die Wirklichkeit größer ist, als das Auge gegenwärtig zu sehen vermag. Es ist das Annehmen davon, das Jesus, der siegreiche König heute verborgen und auf geheimnisvolle Weise anwesend ist, auch wenn wir auf den Tag hoffen und warten, an dem er sich der ganzen Schöpfung, dem ganzen Universum als der Anwesende und Gegenwärtige offenbaren wird.

Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott. Wenn Christus, euer Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit.
Kolosser 3:3-4

Und ist das nicht das wunderbarste aller Geschenke, dass Gottes versprochene Zukunft nicht in weiter Ferne sondern in fast schon greifbarer Nähe liegt?

Und dann?

Letztlich muss alles da enden, wo es begonnen hat. In der Gegenwart Gottes. In seinem ewigen Heute, in dem Vergangenheit und Zukunft anwesend, gegenwärtig sind. Heute will Gott dir begegnen. Lässt du dich darauf ein?